Dienstag, 17. Dezember 2013

Die letzten Kilometer in Südamerika

Der Grenzübergang ist ungewohnt belebt und wir brauchen fast eine Stunde, bis wir schliesslich den ecuadorianischen Ausreisestempel im Pass haben. Die Einreise nach Kolumbien verläuft dagegen unproblematisch und bei strömendem Regen fahren wir die ersten Kilometer in unserem 6. Land dieser Reise.

Die Häuser bzw. Holzhütten am Strassenrand werden wieder etwas einfacher, dafür ausgiebig mit farbenprächtigen Blumen geschmückt. Viele Pferdekutschen mischen sich unter den sonst hauptsächlich aus Tanklastern bestehenden Verkehr. Die erste Etappe bleibt noch hügelig. Von Ipiales nach Pasto geht es durch wunderbar grüne Landschaft. Dieses Grün kommt jedoch nicht von ungefähr und so überrascht es wenig, dass wir täglich mehrere Regenschauer durchfahren. Auf den ungeteerten Abschnitten führt dies einmal mehr zu stark verschmutzten Rädern. Da wir jedoch auch in Kolumbien öfters bei den Bomberos (Feuerwehr) nächtigen dürfen, können wir die Räder jeweils vor der Weiterfahrt unkompliziert mit dem Feuerwehr-Schlauch wieder reinigen.

Kurz vor Mocoa erwartet uns eine kurvenreiche Abfahrt, welche uns nach gut 4 Monaten wieder einmal ins flache Tiefland bringt. Plötzlich scheinen wir mühelos voranzukommen und die 100 km-Grenze ist oftmals bereits am frühen Nachmittag erreicht. Militär- und Polizeikontrollen sind in Kolumbien allgegenwärtig. Während dies bei uns (Europäern) eher das Gefühl von Unruhe vermittelt (was ist hier los?), dient diese Massnahme zur Demonstration, dass alles gut bewacht und sicher sei. Somit zelten wir z. B. einmal vor einem Billard-Salon und werden von ca. 15 Polizisten in Vollmontur bestens bewacht.

Während wir im heissen Flachland radeln, folgen wir dem längsten und breitesten Fluss des Landes – dem Rio Magdalena. Diesen überqueren wir dann für einen Ausflug in die Tatacoa-Wüste auf abenteurliche Weise. Über einige Zäune finden wir nach mehrmaligem Nachfragen den Weg zu einem verlassenen „Strand“. Hier soll uns ein Kanu auf die andere Seite bringen. Zum Glück gesellt sich der Landbesitzer zu uns. Mit einem „Schmerzgejaul“ informiert er seinen Cousin an der anderen Flussseite über wartende Kunden. Tatsächlich trifft 15 Minuten später ein motorisiertes Kanu ein.

Obwohl wir überdurchschnittlich oft mit gutem Wetter unterwegs sind, scheinen wir auch öfters den Regen in die Wüste zu bringen. Somit passiert es uns auch in der eindrücklichen Tatacoa-Wüste, dass wir aufgrund ausgiebigen Regenfällen im Schlamm stecken bleiben und somit unsere Erkundungstour etwas kleiner ausfällt als geplant... (hier findet ihr den Link zu unserem letzten regenreichen Wüstenausflug)

Ca. 100 km vor Bogota beginnt nochmals ein letzter Anstieg – schliesslich liegt unser Endziel wieder auf 2640 m.ü.M. Die Hauptstadt Kolumbiens erreichen wir an Julias 30. Geburtstag. Alleine in der 7 Millionen Stadt legen wir gute 40 km zurück, bis wir bei unseren Gastgebern eintreffen. Erfreulicherweise verfügt die Stadt über ein unübertreffbares Veloweg-Netz, welches uns sicher und entspannt radeln lässt.

Es bleiben uns knapp 6 Tage bis zu unserem Weiterflug. In diesen Tagen werden wir mit kolumbianischen Spezialitäten verwöhnt. Die Suche nach Velokartons für den Weiterflug nimmt leider unerwartet ganze 3 Tage in Anspruch. Wir sind schlussendlich total happy, als wir dem Herrn der Kartonabfuhr einen Karton in geeigneter Grösse in letzer Sekunde aus den Händen reissen können...

Nun heisst es also Abschied nehmen von Südamerika - einem wundervollen Kontinent, auf welchem wir während 11 Monate durch grossartige Landschaften, verlassene Dörfern mit ihren lieben Menschen und manchmal chaotisches Treiben geradelt sind. Wir sind unendlich dankbar über die Gastfreundschaft, welche wir überall erleben durften. Bestimmt wird uns Südamerika mit ihren offenen und lieben Bewohnern sowie der abwechslungsreichen und spektakulären Natur unser Leben lang in bester Erinnerung bleiben.

Samstag, 7. Dezember 2013

Bärgli uf, Bärgli ab in Peru & Ecuador

Anstatt die oft von Radlern gewählte Alternativroute entlang der Küste zu befahren, bleiben wir auch nach Huaraz in den peruanischen Bergen.

Zuerst geht es einmal bergab und das zuvor weite grüne Santa-Tal verengt sich zunehmend zu einem eindrücklichen Canyon - der Entenschlucht. Hier nähern sich die beiden Gebirgszüge Cordillera Blanca und Cordillera Negra bis auf wenige Meter, in der Tiefe getrennt durch den der Rio Santa. Für uns geht es auf staubiger Schotterpiste durch 35 einspurige, unbeleuchtete Felstunnels sowie vorbei an schönen Wasserfällen. Mit den verlorenen Höhenmetern steigt die Temperatur. Unsere schweissnassen Körpern bieten beste Haftungsfläche für den vom Gegenwind aufgewirbelten Sand und abends sehen wir aus wie panierte Schnitzel...

An einer Stassenkreuzung auf 500 m.ü.M. beenden wir die Abfahrt und biegen rechts ab, prompt folgt der nächste Anstieg, welcher uns wieder auf über 2000 m.ü.M. bringen wird. Wir gewöhnen uns daran, dass hier die Strasse einfach in das unwegsame Gelände gemeisselt wurde. Für uns bedeutet dies wirklich steil bergauf (bis zu 18 % Steigungen) zum nächsten Dorf und wieder ebenso steil hinunter um den nächsten Fluss zu queren. Oftmals sieht man bereits bei der Abfahrt die nächste Steigung, was uns manchmal etwas die Freude nehmen kann – oder uns umso mehr anspornt die verbleibenden Kilometer entspannender Abfahrt besonders zu geniessen.

Leider kriegen wir nun allmählich auch die Regensaison zu spüren. Dies bedeutet einerseits oftmals morgens durch dichten Nebel getrübte Sicht und nachmittags ergiebige Regenschauer. Wir schaffen es jedoch unsere Etappen so zu fahren, dass wir dem grössten Regen entkommen. Einige der unbefestigten Strassen werden jedoch mit dem Regen zu schlammigen, schwer und anstrengend zu befahrbaren Strecken.

Somit freuen wir uns als wir nur noch ca. 200 km vor der ecuadorianischen Grenze in ein Tal gelangen. Bei über 40 °C ist es nun nicht mehr der Regen, sondern der Schweiss, der tropft. Ein letztes Mal überrascht uns Peru mit seiner abwechslungsreichen Landschaft als wir entlang von Reisfeldern, Kakao- und Kaffeeplantagen radeln.

Unsere letzte Nacht auf peruanischem Boden verbringen wir auf einem Schulgelände. Bereits auf dem Weg werden wir von einigen Kindern begleitet und sobald wir unser Nachtlager aufstellen sind wir von neugierigen Sprossen umzwingelt. Bevor wir morgens aufbrechen, bittet die Lehrerin noch um ein gemeinsames „Klassenfoto“. Ein schöner Abschied aus diesem lieb gewonnenen Land.

Der angezielte Grenzübergang nach Ecuador ist klein und problemlos landen wir mit dem Überqueren der Grenzbrücke im nächsten Reiseland.

Ecuador erwartet uns ganz nach peruanischer Manier mit einem hügeligen Start. Die Dschungel-ähnliche Landschaft und hohe Luftfeuchtigkeit lässt uns ordentlich schwitzen auf dem anstrengenden und verlassenen Weg nach Vilcabamba.

In Vilcabamba erreichen wir wieder die Zivilisation. Der Touristenort „wirbt“ mit der besonders hohen Lebenserwartung seiner Bewohner. Umgeben von malerischen Hügeln sehen wir Villen, welche in den USA/Schweiz stehen könnten. Wir sind fast etwas schockiert über solchen Luxus.

30 km später treffen wir auf die berühmte Panamericana. Diese führt auf dem direktesten Weg in Richtung Norden. Der gebuchte Flug im Hinterkopf, entscheiden wir uns für diese Route. Der kürzeste Weg bedeutet jedoch nicht immer der schnellste, wie wir hier am eigenen Leib erfahren. Die Strasse ist ein ständiges auf und ab und unsere Tage richten sich einmal mehr nicht nach gemachten Kilometern, sondern viel mehr nach den Höhenmetern.

In der schönen Kolonialstadt Cuenca legen wir einen Pausentag ein. Für uns in Südamerika erstmalig sind die Strassen abends menschenleer. Somit kehren auch wir nach dem Abendessen auf direktem Weg zurück ins Hostel.

Die ecuadorianische Landschaft erinnert uns oftmals etwas an die Schweiz: Grüne Felder, Berge und viele Kühe. Auch die Menschen sind wieder deutlich zurückhaltender. Längst sind die „Gringo“-Rufe verhallt und wir verbringen z. B. eine Nacht auf dem Schulgelände ohne dass uns die Kinder ansprechen.

Als sich die Panamericana zu einer (zeitenweise 6-spurigen!) Autobahn weitet, erheben sich links und rechts der Strasse mehrere Vulkane. Leider bleiben viele in den Wolken versteckt, einen Blick auf den Cotopaxi können wir jedoch erhaschen.

Am 16. November erreichen wir den Äquator. Von nun an rollen wir wieder auf der Nordhalbkugel. Im nahen Ort Cayambe kommen wir in den Genuss der Feuerwehr-Gastfreundschaft. Neben einem eigenen (kostenlosen) Zimmer stehen uns Badezimmer, Küche und Internet zur Verfügung!

Langsam nähern wir uns der Grenze. Es geht nochmals hinab ins tropisch heisse Tal des Rio Chota. Im Ort Chota staunen wir nicht schlecht, alle Einwohner sind Afro-Ecuadorianer. Ihre Vorfahren wurden einst als Sklaven für die Arbeit auf den Zuckerrohr-Plantagen hierher verschleppt. Es herrscht eine ausgelassene Sonntagabend-Stimmung und wir kommen schnell mit den freundlichen Leuten ins Gespräch.

Zwei weitere Radtage bringen uns an die ecuadorianisch/kolumbianische Grenze. Aufgrund des Zeitdrucks konnten wir leider nur einen kleinen Anteil Ecuadors bereisen. Der gesehene Teil hat uns jedoch otfmals mit seiner Modernität überrascht und wir hatten den Eindruck, dass Ecuador mit z. B. riesigen Shopping-Malls der USA tatkräftig nacheifert. Vielleicht hätten wir auf abgelegeneren Strecken noch mehr von Ecuadors Authentizität sehen können.

Mit dem Erreichen Kolumbiens beginnt der letzte Teil unserer Südamerika-Reise...

Sonntag, 24. November 2013

Besuch World Vision-Projekt Peru

Von Huaraz – welches von den Peruanern auch gerne mit Stolz als die peruanische Schweiz bezeichnet wird – besichtigen wir erneut zwei World Vision Projekte.

In Begleitung von zwei aufgestellten World Vision-Mitarbeiterinnen werden wir zum ersten Projekt gefahren. Das Dorf befindet sich wunderbar gelegen, direkt vor der eindrücklichen Kulisse der Cordillera Blanca (ein wunderschönes Bergmassiv). In der Dorfschule besichtigen wir eine neu eingerichtete Bibliothek. Eine Studie ergab, dass 86 % der Zweitklässler nicht verstehen, was sie lesen. World Vision hat sich zum Ziel gesetzt, die Freude am Lesen zu steigern. Der hier mit Kissen und Sitzbällen eingerichtete Ort animiert alle Schüler von der 1. - 6. Klasse in einem gemütlichen Umfeld die Freude am Lesen zu entdecken. Zwei Rucksäcke pro Klasse ermöglichen das Ausleihen von Buchmaterial um auch Zuhause kindgerechte Bücher lesen zu können.

Anschliessend geht es weiter um einige Familien zu besuchen. Hier bekommen wir die mit Hilfe von World Vision verbesserten Küchen zu sehen. Da in den meisten Haushalten noch über offenem Feuer gekocht wird, sind die Familienmitglieder den schädlichen Russpartikeln ausgesetzt. Mit einfachen Rauchabzügen und geschützten Feuerstellen wird dieser Problematik entgegengewirkt. Zudem werden mit Wasseranschluss und Waschbecken direkt in der Küche der Komfort bei der Essensvorbereitung deutlich gesteigert. Mit den selbst gebastelten Organisationshelfern kommt mehr Ordnung und damit Hygiene in die einfachen Küchen. Oftmals wurden vorgängig die hier zum Verzehr gezüchteten Meerschweinchen ebenfalls in der Küche gehalten. Dank den Käfigen haben die Tierchen weiterhin einen warmen Platz, ohne dass die Küchenhygiene darunter leidet.

Uns beeindruckt das Engagement der World Vision-Angestellten, welche einen engen Kontakt zu den unterstützten Familien zu pflegen scheinen. Wir merken, dass hier an der richtigen Stelle Hilfe angeboten wird.

Am zweiten Tag fahren wir überraschenderweise in einem vor Tagen von uns beradeltem Dorf ein. Auch hier besichtigen wir wieder eine Bibliothek. Einige Schüler haben sogar extra ein Puppenspiel für uns vorbereitet, welches nun stolz vorgetragen wird.

Auch heute dürfen wir wieder in einige Häuser schauen. Je nach Möglichkeit wurden die Küchen angepasst und verbessert. Zusätzlich hilft World Vision Familien mit Schulkindern einen lernfördernden Platz einzurichten. Wo früher die Kinder in dunklen Ecken oder im Bett ihre Hausaufgaben erledigen mussten, wurden nun lernfördernde Nischen eingerichtet. Neben genügend Licht, ist ein Schreibtisch Voraussetzung. Die von den Eltern gebastelten Ordnungshelfern und motivierenden Plakaten an den Wänden komplettieren den neuen Lernplatz. Wir erfahren, dass die Kinder stolz sind auf ihr eigenes Reich und in diesem Umfeld gerne ihre Hausaufgaben erledigen.

Leider ist die häusliche Gewalt in Peru weit verbreitet. Eine zurzeit noch einmalige Zusammenarbeit von World Vision mit der Kirche, bietet eine Anlaufstelle für deren Opfer. Zusätzlich werden in einer Art Jugendclub, Kinder über ihre Rechte aufgeklärt. Hier finden sie die Möglichkeit sich mit anderen Kindern auszutauschen.

Immer wieder spüren wir die Dankbarkeit der Leute, welche aufgrund diesen Veränderungen eine deutlich verbesserte Lebensqualität erleben dürfen. Wir nehmen von diesen zwei Tagen wieder viele Eindrücke mit.

Spenden sind jederzeit möglich unter folgender Bankverbindung (Vermerk nicht vergessen):

PC-Konto 80-142-0

Post (Adresse) : Swiss Post - PostFinance, Nordring 8, 3030 Bern, Switzerland

Swiftcode (oder BIC): POFICHBEXXX

IBAN-Nr.: CH98 0900 0000 8000 0142 0

Kontoinhaber: World Vision (Schweiz), Kriesbachstr. 30, 8600 Dübendorf

Vermerk: Des. 417 (Jugendförderung BOL), TWV Velo-Welttour (PN 261664)

Dienstag, 8. Oktober 2013

Mitendrin im peruanischen Hinterland

Bereits sind schon wieder fast 5 Wochen vergangen seit unserem letzten Bericht. Diese Zeit war gespickt mit eindrücklichen Erlebnissen und wahnsinnig abwechslungsreicher Natur.

Von Cusco aus ging es durch das schöne „Heilige Tal“ der Inkas und wir besuchten die Salzterassen von Urubamba. Diese rund 3000 Salzbecken wurden von den Inkas angelegt, welche vom 13. - 16. Jahrhundert in weiten Teilen Südamerikas herschten.

Die Besichtigung der wohl berühmtesten Inka-Stadt „Machu Picchu“ steht als nächstes auf dem Programm. Aussichten wie auf den wohlbekannten Bildern. Trotz der interessanten Geschichte und der schönen Kulisse, sind wir aufgrund des Touristenauflaufes doch eher etwas enttäuscht.

Somit freuen wir uns umso mehr auf den nächsten Etappenabschnitt durch die Berge und das untouristische Hinterland Perus. Von vielen Fahrradfahrern wurden wir gewarnt. Die Strecke führt mehrmals zwischen 1900 m.ü.M. und Pässen über 4000 m.ü.M. auf und ab. Ein japanischer Weltreiseradler (seit über 16 Jahren unterwegs) nannte dies sogar den anstrengendsten Abschnitt seiner gesamten Reise.

Mit einer Art Erfurcht und gefasst auf harte Tage fahren wir also bei schönem Wetter los. Wir freuen uns in den tropischen Tälern über die Vielzahl an frischen Früchte. Diese werden an kleinen Ständen verkauft. Die Freude der Verkäuferinnen ist jeweils gross, wenn wir kiloweise Früchte kaufen und einen grossen Anteil davon noch vor Ort verzehren.

Mit dieser vitaminreichen Stärkung erklimmen wir den ersten langen Pass. 2000 Höhenmeter innerhalb 60 km. Dies ergibt für uns 1 ½ Tage pures Klettern. Doch einmal im Tritt geniessen wir die Anstrengung und wir staunen, wie sich die Landschaft mit der Höhe wieder verändert. Wir durchfahren urchige Bergdörfer. Unser Auftauchen sorgt hier für grosses Aufsehen und viele „Gringo“-Rufe folgen uns. Die Menschen sind sehr freundlich und beschenken uns spontan mit Lebensmitteln und ihren schönsten, oftmals fast zahnlosen Lächeln.

Auf dem Pass angekommen, bekommen wir den Vorteil dieser hohen Pässe zu spüren. Stundenlang geht es jetzt in rasanter Abfahrt wieder ins nächste Tal. Das einzige was hier ermüdet sind die Finger, welche auf der kurvigen Fahrt doch immer wieder zur Bremse greifen müssen.

Dieses Vorgehen wiederholt sich mehrere Male. Meist brauchen wir 1 ½ Tage um einen Pass zu erklimmen um dann einen halben Tag die erreichten Höhenmeter wieder hinunterzusausen. Entgegen aller Warnungen empfinden wir dies aufgrund der langen Erholungsphasen als nicht besonders streng.

Was uns jedoch immer wieder beeindruckt, sind die Begegnungen mit den Einheimischen. Aufgrund der überraschend starken Besiedlung auch in dieser Bergregion, übernachten wir fast immer in der Obhut Einheimischer. Wir fragen bei Puesto de Saluds (Gesundheistzenter), Privatpersonen und der Polizei. Immer werden wir herzlich aufgenommen, mit grossem Interesse und einem Stück Naivität über unsere Reise und Heimat ausgefragt und von den Dorfkindern umringt.

Diese vielen Eindrücke machen diese Zeit sehr intensiv und wir sind sehr glücklich, solche Momente erleben zu dürfen.

Unser grosses Etappenziel Huaraz erreichen wir nach der Überquerung eines 4884 m-Passes. Auf dieser verlassenen Schotterstrasse durch den Nationalpark Huascaran erleben wir wieder einmalige Landschaft. Sprachlos von der Schönheit (und der Anstrengung in der Höhenluft) geniessen wir es bisher unerahnte Höhen mit dem Rad zu erklimmen.

Mit unglaublich vielen neuen Erlebnissen, in sehnlicher Erwartung einer nötigen Dusche und auch etwas stolz radeln wir in Huaraz ein. Hier gönnen wir uns einige Erholungstage und wir besichtigen 2 World-Vision-Projekte. Mehr darüber im nächsten Bericht...

Montag, 2. September 2013

Zurück im Sattel

Nach einem interessanten Monat ohne Fahrrad, war es ein komisches Gefühl am 6. August, dem Nationalfeiertag Boliviens, wieder auf die Räder zu steigen. Diesen Neustart mussten wir nun auch ohne die beiden Italiener antreten, welche währenddessen die Rückreise in ihre Heimat antraten. Nach fast 5 ½ Monaten gemeinsamer Reise ein seltsames Gefühl.

Albi & Stef: Abbiamo avuto un tempo belliissimo con voi, grazie mille!

Unser Startpunkt liegt auf 300 m.ü.M. und so sind wir, bedingt durch die sehr hohe Luftfeuchtigkeit und unsere „Fahrradpause“, jeweils klatschnass als wir uns die Berge hinaufkämpften. Die ersten Tage zurück ins Altiplano verlangen uns alles ab - wir überwinden Pässe zwischen 4000 m.ü.M.und 4500 m.ü.M., welche uns zurück in die Hochebene Boliviens führen.

Nach einem problemlosen Grenzübertritt sind wir nun in Peru. Flächenmässig mehr als 30 mal grösser als die Schweiz aber nur 3,5 Mal mehr Einwohner. Ein Land mit grosser Inka-Geschichte und mit Machu Picchu, eines der grössten, wenn nicht das grösste Touristenmagnet ganz Südamerikas.

Bereits nach einigen Kilometern merken wir, dass die Peruaner offener und zugänglicher sind als die Bolivianer. Auf den Strassen wird Roger die ganze Zeit mit „Hello Mister“ angesprochen und Julia wird nachgepfiffen. Wir radeln am imposanten Titicacasee entlang und besuchen in Puno die schwimmenden Inseln der Uros.

Da die Gegend um den Titicacasee von Puno Richtung Cusco relativ stark bevölkert ist, fragen wir jeweils Einheimische für eine Übernachtungsmöglichkeit. Wir erklären mit unserem einfachen Spanisch, dass wir nur ein kleines Plätzchen für unser Zelt benötigen. Allermeistens ist es kein Problem irgendwo auf dem Grundstück unser Zelt aufzuschlagen. Vielfach wird uns sogar ein einfacher Raum angeboten, da es gemäss unseren Gastgebern im Zelt bestimmt viel zu kalt sei. Nachdenklich gemacht hat uns, dass bis jetzt nur Kirchliche Institutionen nach Geld gefragt haben, bei Privatpersonen war dies noch nie ein Thema...

Ungefähr 200 Kilometer vor Cusco überqueren wir den Pass Abra la Raya. Bei der Abfahrt verlassen wir sozusagen das Altiplano. Die Felder werden wieder bewirtschaftet, die kleinen Sträucher weichen Bäumen und die Vegetation wir allgemein vielseitiger. Cusco erreichen wir dann bei strömendem Regen. Dank den vielen – nun mit Wasser gefüllten - Schlaglöcher in der Strasse, werden wir mehrmals von passierenden Autos von oben bis unten mit Wasser bespritzt. Plötzlich hält ein Polizeiwagen vor uns und stoppt uns. Roger vermutet schon „falsche Polizisten“ die uns nun ausrauben wollen. Zwei stemmige Gesetzteshütter kommen auf uns zu und fragen wie es uns geht. Wir geben zurück, dass alles in Ordnung sei. Der eine Mann reicht uns nun eine Visitenkarte eines Traumatologens und erklärt, dass er schon gesehen habe, dass wir mit Wasser vollgespritzt worden seien... Wir müssen noch einige Zeit über diese Geste schmunzeln.

Cusco ist eine schöne, moderne Stadt und wir geniessen hier einige Erholungstage, bevor wir uns wieder aufmachen um dem Touristenstrom folgend Macchu Pichu zu besuchen.

Samstag, 10. August 2013

Von Höhen und Tiefen

In Oruro bleiben wir ungewollt einige Tage länger hängen. Abwechselnd liegt entweder Julia oder Stefano mit Brech-/Durchfall flach. Obwohl Roger und Alberto unterdessen in einer Art Wette alles (un)mögliche Essen von der Strasse probieren, sind die beiden putzmunter und so entscheiden wir uns schliesslich getrennte Wege zu gehen. Während Roger und Alberto die 250 km nach La Paz wie gewohnt mit dem Rad zurücklegen, setzen sich Julia und Stefano in einen Bus in Richtung bolivianischer Regierungssitz.

Bis zum Eintreffen der Radler haben sich die Kranken glücklicherweise gut erholt und so können wir wieder zu Viert zu neuen Abenteuern aufbrechen.

Wir entscheiden uns an den Huayna Potosi zu wagen. Die Besteigung dieses 6000-ers wird in Drei-Tages-Touren auch für Bergsteiger-Laien angeboten. Am ersten Tag erreichen wir das Basislager auf 4700 m.ü.M. Das für diesen Tag geplante Training auf einem Eisfeld, müssen wir aufgrund starkem Wind jedoch weglassen. Trotzdem steigen wir am zweiten Tag unter Zuhilfenahme von Steigeisen und Eispikel ohne Probleme ins Höhenlager auf. Hier auf 5300 Metern ist die Luft bereits merklich dünner. Die Aussicht auf die umliegende Bergkette ist atemberaubend schön.

Wir legen uns auf Anraten unseres Bergführers bereits nachmittags schlafen. Um 18:00 Uhr bekommen wir dann unser Nachtessen ans Bett serviert. Die nächsten Stunden verbringen wir unruhig auf unseren dünnen Matratzen. Das Schlafen wir durch (die Höhenluft bedingte) Kopfschmerzen und Verdauungsbeschwerden erschwert.

Um 2 Uhr ist dann Tagwache. Stefano leidet unter starken Kopfschmerzen und verzichtet auf den Anstieg. Gespannt schlüpfen wir in unsere Ausrüstung, welche heute noch durch ein „Klettergstältli“ ergänzt wird. In einer dreier Seilschaft mit unserem Bergführer geht es in der Dunkelheit los. Die Route ist steil und langsam setzen wir einen Fuss vor den anderen. Der Wind zischt immer noch kräftig und bläst uns zwischendurch Schnee ins Gesicht. Plötzlich erblicken wir tief unter uns La Paz – ein Lichtermeer. Gleichzeitig wird jeder Schritt anstrengender. Unsere Glieder sind energielos und wir müssen nach Luft ringen. Alberto und sein Bergführer entfernen sich währenddessen immer weiter von uns. Auf ca. 5700 m.ü.M. kapitulieren wir. Wir haben keine Kraft mehr und entscheiden uns für den Abstieg.

Dieser geht etwas leichtfüssiger, doch auch hier brauchen wir noch immer volle Konzentration. Wieder zurück im Höhencamp, geht es mit Stefano zurück ins Basislager. Dies einmal erreicht, sind wir total erledigt.

Obwohl wir natürlich traurig sind, es nicht auf den Gipfel geschafft zu haben, war es ein einmaliges Erlebnis. Dank Albertos Erfolg konnten wir uns trotzdem einige Fotos von der unglaublichen Aussicht auf 6088 m.ü.M. anschauen. Und wir wissen nun, dass auch fast täglicher (Rad)Sport im letzten halben Jahr nicht entscheidet, ob man „fit“ genug ist, einen 6000er zu besteigen.

Die Todesstrasse führt innerhalb von 65 km von 4500 m.ü.M. hinunter auf 1300 m.ü.M. Die Strasse windet sich entlang eines Felsens und fällt auf der anderen Seite steil ab. Die Strasse erlangte den gefürchigen Namen aus der Zeit, als hier der ganze (Schwer-)Verkehr entlang musste (Minimalbreite 1.2 m). Heute gibt es eine asphaltierte Alternativroute und die Strasse dient vor allem noch als Touristenattraktion.

Mit unseren gemieteten gefederten Mountainbikes düsen wir in die Tiefe. Für einmal werden nicht die Beine, sondern die Finger trainiert. Bei jedem Stopp können wir uns einer neuen Kleiderschicht entledigen. Vom kargen Altiplano gelangen wir schlussendlich in den grünen, tropischen Dschungel. Ein wirklich empfehlenswerter Ausflug!

Am Schluss der Abfahrt haben wir noch etwas Zeit uns im Pool abzukühlen. Während wir hier an der Sonne sitzen, wird uns bewusst, wie sehr wir diese Wärme in den letzten Monaten vermisst haben.

Die frische Erinnerung an ein warmes Klima hängt bestimmt noch in unseren Köpfen, als wir einige Tage später unsere Sachen für die Weiterfahrt in Richtung Titicacasee zusammenräumen. Plötzlich entdeckt Julia am Anschlagsbrett des Hostels eine Information über ein Volontär-Projekt im bolivianischen Dschungel. Interessiert, informiert sie sich sofort auf der Homepage. Auch die anderen werden beim Anblick der Homepage neugierig und so kommt es, dass wir zwei Stunden später unsere Pläne über den Haufen werfen und spontan entscheiden den nächsten Monat dort zu arbeiten.

Nun sind wir bereits seit über drei Wochen in Villa Tunari. Unsere Daunenjacken sind seither in den Tiefen unserer Taschen versorgt und wir geniessen ein feucht-warmes Klima. Jeder hat seinen Arbeitsbereich: Julia arbeitet mit einem Puma, der täglich 7 – 8 Stunden im Dschungel verbringt, Roger verbringt seine Tage mit einer Horde Affen (Spidermonkeys).