Freitag, 21. Juni 2013

Bolivien - eine neue Welt

In Chile nutzen wir die letzte „sichere“ Einkaufsmöglichkeit und tobten uns in einer grossen Shopping-Mall so richtig aus. Die Anzahl erstandenen Gaskartuschen, reichen wohl aus um für die ganze verbleibende Zeit in Südamerika kochen zu können. Auch bei den Lebensmitteln konnten wir uns kaum zurückhalten; die Essenstasche liess sich bei der Abfahrt kaum mehr schliessen. Nachdem wir verschiedenes über die Versorgungsmöglichkeiten in Bolivien gehört hatten, waren wir nun sicherlich gut gerüstet für dieses neue Abenteuer.

Die Anfahrt führt uns durch wunderschöne Vulkanlandschaft und wir rollen auf unerwartet guter Piste auf einer Hochebene um die 3700 M.ü.M.. Die Nächte sind bitterkalt und bei -10 °C im Zelt sind wir froh mit guter Ausrüstung unterwegs zu sein. Am Tag steigt das Thermometer zwar bis gegen 20 °C, doch mit dem Wind, der jeweils nachmittags einsetzt, fühlt es sich um einiges frischer an. Die Luft hier auf dem Altiplano (Hochebene, welche sich durch ganz Südwest-Bolivien bis weit nach Peru erstreckt) ist extrem trocken und reizt unsere Schleimhäute. Auch die UV-Einstrahlung ist sehr hoch und so sind wir gut beraten uns jeweils grosszügig mit Sonnencreme zu schützen.

Für den Ausreisestempel aus Chile wecken wir den Zollbeamten aus seinem Mittagsschlaf und fahren anschliessend knapp 2 km ins nächste Dorf. Hier bekommen wir in einem kleinen einfachen Büro unser Visum für Bolivien. Trinkwasser suchen wir hier jedoch vergeblich. Ab jetzt geht es wirklich abenteuerlich weiter: Die Strassen (soweit man dies als Strasse bezeichnen kann) werden sofort schlechter. Tiefer Sand und mühsam befahrbares Wellblech lässt uns teilweise fast verzweifeln. Die Pisten sind kaum von der restlichen Umgebung zu unterscheiden, was die Orientierung reichlich erschwert. Wegweiser gibt es hier nämlich keine.

Letztendlich und nach einiger Anstrengung erreichen wir ein grosses Highlight Südamerikas - den Salar de Uyuni. Auf dem grössten Salzsee der Welt kommen wir dann auch wieder zügiger voran, die Unterlage ist seit langem erstmals wieder hart und eben. Es ist unbeschreiblich schön und schon fast entspannend auf dem Salar zu fahren. Wir geniessen jede Pedalumdrehung und speziell bei Sonnen-Aufgang und -Untergang sind die Lichtverhältnisse schlicht sensationell.

In Uyuni geniessen wir dann wieder einmal die Annehmlichkeiten eines Hostels mit Dusche. Erstmals wirklich in einem grösseren bolivianischen Ort, merken wir schnell, dass hier die Uhren nochmals anders ticken als in Argentinien bzw. Chile. Wir befinden uns nun wirklich in einer anderen Kultur. Die Strassen sind voll mit Menschen, wobei uns vor allem die traditionellen Kleider und farbigen Trag-Tücher der Frauen beeindrucken. Mit diesen Tüchern transportieren Frauen alles, von ihren Kindern bis zum Lebensmitteleinkauf. Um noch mehr in diesen Lebensstil einzutauchen, kehren wir zum „Mercado Central“. Hier wird an vielen aneinandergereihten kleinen Ständen Gemüse, Fleisch, Pasta, Kleider und viele andere brauchbare sowie unbrauchbare Sachen an den Mann gebracht. Die Präsentation jeglicher Fleischartikel wie Lunge, Herz und Leber ist für Europäer erstmals schon etwas gewöhnungsbedürftig. Wir hungrigen Radler erfreuen uns jedoch vor allem ob der Möglichkeit für 2 bis 3 Franken ein ganzes Menu verzehren zu können.

Unser nächster Stopp ist in Potosi, eine Stadt die Dank seines Reichtums an Silber im 17. Jahrhundert grösser und bedeutender war als Rom, Paris oder New York. Um einen Einblick in das harte Leben eines Minenarbeiters zu bekommen, machen wir eine Minen-Führung. Für umgerechnet knapp 20 sFr. Lohn pro Tag arbeiten hier Männer unter widrigsten Bedingungen und bezahlen mit ihrer Gesundheit. Das bedrückende und ungute Gefühl wird noch verstärkt durch die Information, dass die besuchte Mine zu 60% einer Schweizer Rohstofffirma gehört...

Etwas unter Zeitdruck aufgrund des anstehenden World Vision Projekt-Besuches, besuchten wir Sucre per Bus. Diese Stadt ist im Verhältnis zu den übrigen besuchten bolivianischen Städte sauberer und geordneter. Wir jedoch haben gefallen gefunden an der Chaotik und dem puren Leben welches wir in Potosi und Oruro angetroffen haben.

Bereits knapp drei Wochen bereisen wir nun Bolivien und wir sind von Land und Leute gleichermassen begeistert. Wir haben uns wohl etwas in Bolivien verliebt...

Am 18./19. Juni konnten wir das World Vision-Projekt besuchen, für welches wir auf unserer Reise Geld sammeln. Mit Sicherheit war dies einer der eindrücklichsten Momente unserer bisherigen Reise. Ein separater ausführlicher Bericht folgt in Kürze.

Samstag, 1. Juni 2013

Abschied von Argentinien und Chile sowie die Rückkehr des Gegenwindes

In der argentinischen Provinz Catamarca fahren wir durch weltvergessene Dörfchen. Angebundene Pferde vor den kleinen Supermärkten sind keine Seltenheit und an einem Sonntag treffen wir auf der Strasse eine Gruppe Gauchos bei ihrem Sonntagsausritt .Wir erleben herzliche Gastfreundschaft und mediales Interesse. So kommt es dass wir innerhalb weniger Tage sowohl im TV als auch im Radio ein Interview geben (obwohl wir hier gerne das Mikrofon an unseren italienischen Radkollegen Stefano weitergeben).

Wir erfreuen uns ob den vielen unterschiedlichen Gesichter der Natur. Wahrhaft gestoppt vom starken Gegenwind, verbringen wir einen Nachmittag mit dem Erkunden des Cafayate Canyons. Ein wunderschönes Plätzchen Erde. Die zerfurchten roten Steingebilde bieten uns Windschutz und ein Zeltplatz allererster Klasse.

Salta ist anschliessend überraschend modern und mit allem Komfort einer Grossstadt. Es gibt viele gut erhaltene Kolonialgebäude und die Stadt wirkt sehr gepflegt und europäisch. Einmal mehr schlemmen wir nach Radlerslust und kochen in der Herberge „Züri Gschnätzelts“. Im Gegenzug bekommen wir von den Italienern ein super leckeres Risotto mit Gorgonzola serviert.

Nur wenige Kilometer nach Salta befinden wir uns plötzlich in einem üppig grünen Urwald. Wieder einen Tag später wird das Grün abgelöst von farbigem Gestein. Während die Umgebung anschliessend trockener wird, wachsen die Kakteen immer höher gegen den Himmel. Auch wir nähern uns himmlischen Höhen. Über die steilen Serpentinen der Cuesta de Lipan erreichen wir erstmals eine Höhe von 4180 m. ü. M. Erfreulicherweise kommen wir mit der Höhenluft gut klar. Die Nächte werden kälter und morgens sind die Wasserflaschen gefroren. Nach mehreren Tagen mit Gegenwind von 80 – 90 km/h bei Temperaturen um den Gefrierpunkt kommen wir jedoch an unsere Leistungsgrenze. Obwohl die Landschaft am Paso de Jama für vieles entschädigt, nehmen wir erstmals für einige Kilometer einen „Pick-up“. Für die Abfahrt von 4800 m. ü. M. hinab in die Atacama-Wüste auf 2300 Meter steigen wir jedoch wieder aufs Rad.

In San Pedro de Atacama tanken wir dankbar wieder etwas Wärme. Die Szenerie in diesem Wüstendorf mit den schneebedeckten Anden und Vulkanen im Hintergrund ist atemberaubend. Im nahe gelegenen Valle de la Luna scheint dann trotz 20 °C noch Schnee zu liegen. Doch dieses Weiss wird niemals schmelzen, denn es handelt sich um Salz.

Nun sind wir uns nur noch ca. 200 km von der bolivianischen Grenzen entfernt. Wir sind gespannt, was uns in diesem Land erwartet.