Dienstag, 17. Dezember 2013

Die letzten Kilometer in Südamerika

Der Grenzübergang ist ungewohnt belebt und wir brauchen fast eine Stunde, bis wir schliesslich den ecuadorianischen Ausreisestempel im Pass haben. Die Einreise nach Kolumbien verläuft dagegen unproblematisch und bei strömendem Regen fahren wir die ersten Kilometer in unserem 6. Land dieser Reise.

Die Häuser bzw. Holzhütten am Strassenrand werden wieder etwas einfacher, dafür ausgiebig mit farbenprächtigen Blumen geschmückt. Viele Pferdekutschen mischen sich unter den sonst hauptsächlich aus Tanklastern bestehenden Verkehr. Die erste Etappe bleibt noch hügelig. Von Ipiales nach Pasto geht es durch wunderbar grüne Landschaft. Dieses Grün kommt jedoch nicht von ungefähr und so überrascht es wenig, dass wir täglich mehrere Regenschauer durchfahren. Auf den ungeteerten Abschnitten führt dies einmal mehr zu stark verschmutzten Rädern. Da wir jedoch auch in Kolumbien öfters bei den Bomberos (Feuerwehr) nächtigen dürfen, können wir die Räder jeweils vor der Weiterfahrt unkompliziert mit dem Feuerwehr-Schlauch wieder reinigen.

Kurz vor Mocoa erwartet uns eine kurvenreiche Abfahrt, welche uns nach gut 4 Monaten wieder einmal ins flache Tiefland bringt. Plötzlich scheinen wir mühelos voranzukommen und die 100 km-Grenze ist oftmals bereits am frühen Nachmittag erreicht. Militär- und Polizeikontrollen sind in Kolumbien allgegenwärtig. Während dies bei uns (Europäern) eher das Gefühl von Unruhe vermittelt (was ist hier los?), dient diese Massnahme zur Demonstration, dass alles gut bewacht und sicher sei. Somit zelten wir z. B. einmal vor einem Billard-Salon und werden von ca. 15 Polizisten in Vollmontur bestens bewacht.

Während wir im heissen Flachland radeln, folgen wir dem längsten und breitesten Fluss des Landes – dem Rio Magdalena. Diesen überqueren wir dann für einen Ausflug in die Tatacoa-Wüste auf abenteurliche Weise. Über einige Zäune finden wir nach mehrmaligem Nachfragen den Weg zu einem verlassenen „Strand“. Hier soll uns ein Kanu auf die andere Seite bringen. Zum Glück gesellt sich der Landbesitzer zu uns. Mit einem „Schmerzgejaul“ informiert er seinen Cousin an der anderen Flussseite über wartende Kunden. Tatsächlich trifft 15 Minuten später ein motorisiertes Kanu ein.

Obwohl wir überdurchschnittlich oft mit gutem Wetter unterwegs sind, scheinen wir auch öfters den Regen in die Wüste zu bringen. Somit passiert es uns auch in der eindrücklichen Tatacoa-Wüste, dass wir aufgrund ausgiebigen Regenfällen im Schlamm stecken bleiben und somit unsere Erkundungstour etwas kleiner ausfällt als geplant... (hier findet ihr den Link zu unserem letzten regenreichen Wüstenausflug)

Ca. 100 km vor Bogota beginnt nochmals ein letzter Anstieg – schliesslich liegt unser Endziel wieder auf 2640 m.ü.M. Die Hauptstadt Kolumbiens erreichen wir an Julias 30. Geburtstag. Alleine in der 7 Millionen Stadt legen wir gute 40 km zurück, bis wir bei unseren Gastgebern eintreffen. Erfreulicherweise verfügt die Stadt über ein unübertreffbares Veloweg-Netz, welches uns sicher und entspannt radeln lässt.

Es bleiben uns knapp 6 Tage bis zu unserem Weiterflug. In diesen Tagen werden wir mit kolumbianischen Spezialitäten verwöhnt. Die Suche nach Velokartons für den Weiterflug nimmt leider unerwartet ganze 3 Tage in Anspruch. Wir sind schlussendlich total happy, als wir dem Herrn der Kartonabfuhr einen Karton in geeigneter Grösse in letzer Sekunde aus den Händen reissen können...

Nun heisst es also Abschied nehmen von Südamerika - einem wundervollen Kontinent, auf welchem wir während 11 Monate durch grossartige Landschaften, verlassene Dörfern mit ihren lieben Menschen und manchmal chaotisches Treiben geradelt sind. Wir sind unendlich dankbar über die Gastfreundschaft, welche wir überall erleben durften. Bestimmt wird uns Südamerika mit ihren offenen und lieben Bewohnern sowie der abwechslungsreichen und spektakulären Natur unser Leben lang in bester Erinnerung bleiben.

Samstag, 7. Dezember 2013

Bärgli uf, Bärgli ab in Peru & Ecuador

Anstatt die oft von Radlern gewählte Alternativroute entlang der Küste zu befahren, bleiben wir auch nach Huaraz in den peruanischen Bergen.

Zuerst geht es einmal bergab und das zuvor weite grüne Santa-Tal verengt sich zunehmend zu einem eindrücklichen Canyon - der Entenschlucht. Hier nähern sich die beiden Gebirgszüge Cordillera Blanca und Cordillera Negra bis auf wenige Meter, in der Tiefe getrennt durch den der Rio Santa. Für uns geht es auf staubiger Schotterpiste durch 35 einspurige, unbeleuchtete Felstunnels sowie vorbei an schönen Wasserfällen. Mit den verlorenen Höhenmetern steigt die Temperatur. Unsere schweissnassen Körpern bieten beste Haftungsfläche für den vom Gegenwind aufgewirbelten Sand und abends sehen wir aus wie panierte Schnitzel...

An einer Stassenkreuzung auf 500 m.ü.M. beenden wir die Abfahrt und biegen rechts ab, prompt folgt der nächste Anstieg, welcher uns wieder auf über 2000 m.ü.M. bringen wird. Wir gewöhnen uns daran, dass hier die Strasse einfach in das unwegsame Gelände gemeisselt wurde. Für uns bedeutet dies wirklich steil bergauf (bis zu 18 % Steigungen) zum nächsten Dorf und wieder ebenso steil hinunter um den nächsten Fluss zu queren. Oftmals sieht man bereits bei der Abfahrt die nächste Steigung, was uns manchmal etwas die Freude nehmen kann – oder uns umso mehr anspornt die verbleibenden Kilometer entspannender Abfahrt besonders zu geniessen.

Leider kriegen wir nun allmählich auch die Regensaison zu spüren. Dies bedeutet einerseits oftmals morgens durch dichten Nebel getrübte Sicht und nachmittags ergiebige Regenschauer. Wir schaffen es jedoch unsere Etappen so zu fahren, dass wir dem grössten Regen entkommen. Einige der unbefestigten Strassen werden jedoch mit dem Regen zu schlammigen, schwer und anstrengend zu befahrbaren Strecken.

Somit freuen wir uns als wir nur noch ca. 200 km vor der ecuadorianischen Grenze in ein Tal gelangen. Bei über 40 °C ist es nun nicht mehr der Regen, sondern der Schweiss, der tropft. Ein letztes Mal überrascht uns Peru mit seiner abwechslungsreichen Landschaft als wir entlang von Reisfeldern, Kakao- und Kaffeeplantagen radeln.

Unsere letzte Nacht auf peruanischem Boden verbringen wir auf einem Schulgelände. Bereits auf dem Weg werden wir von einigen Kindern begleitet und sobald wir unser Nachtlager aufstellen sind wir von neugierigen Sprossen umzwingelt. Bevor wir morgens aufbrechen, bittet die Lehrerin noch um ein gemeinsames „Klassenfoto“. Ein schöner Abschied aus diesem lieb gewonnenen Land.

Der angezielte Grenzübergang nach Ecuador ist klein und problemlos landen wir mit dem Überqueren der Grenzbrücke im nächsten Reiseland.

Ecuador erwartet uns ganz nach peruanischer Manier mit einem hügeligen Start. Die Dschungel-ähnliche Landschaft und hohe Luftfeuchtigkeit lässt uns ordentlich schwitzen auf dem anstrengenden und verlassenen Weg nach Vilcabamba.

In Vilcabamba erreichen wir wieder die Zivilisation. Der Touristenort „wirbt“ mit der besonders hohen Lebenserwartung seiner Bewohner. Umgeben von malerischen Hügeln sehen wir Villen, welche in den USA/Schweiz stehen könnten. Wir sind fast etwas schockiert über solchen Luxus.

30 km später treffen wir auf die berühmte Panamericana. Diese führt auf dem direktesten Weg in Richtung Norden. Der gebuchte Flug im Hinterkopf, entscheiden wir uns für diese Route. Der kürzeste Weg bedeutet jedoch nicht immer der schnellste, wie wir hier am eigenen Leib erfahren. Die Strasse ist ein ständiges auf und ab und unsere Tage richten sich einmal mehr nicht nach gemachten Kilometern, sondern viel mehr nach den Höhenmetern.

In der schönen Kolonialstadt Cuenca legen wir einen Pausentag ein. Für uns in Südamerika erstmalig sind die Strassen abends menschenleer. Somit kehren auch wir nach dem Abendessen auf direktem Weg zurück ins Hostel.

Die ecuadorianische Landschaft erinnert uns oftmals etwas an die Schweiz: Grüne Felder, Berge und viele Kühe. Auch die Menschen sind wieder deutlich zurückhaltender. Längst sind die „Gringo“-Rufe verhallt und wir verbringen z. B. eine Nacht auf dem Schulgelände ohne dass uns die Kinder ansprechen.

Als sich die Panamericana zu einer (zeitenweise 6-spurigen!) Autobahn weitet, erheben sich links und rechts der Strasse mehrere Vulkane. Leider bleiben viele in den Wolken versteckt, einen Blick auf den Cotopaxi können wir jedoch erhaschen.

Am 16. November erreichen wir den Äquator. Von nun an rollen wir wieder auf der Nordhalbkugel. Im nahen Ort Cayambe kommen wir in den Genuss der Feuerwehr-Gastfreundschaft. Neben einem eigenen (kostenlosen) Zimmer stehen uns Badezimmer, Küche und Internet zur Verfügung!

Langsam nähern wir uns der Grenze. Es geht nochmals hinab ins tropisch heisse Tal des Rio Chota. Im Ort Chota staunen wir nicht schlecht, alle Einwohner sind Afro-Ecuadorianer. Ihre Vorfahren wurden einst als Sklaven für die Arbeit auf den Zuckerrohr-Plantagen hierher verschleppt. Es herrscht eine ausgelassene Sonntagabend-Stimmung und wir kommen schnell mit den freundlichen Leuten ins Gespräch.

Zwei weitere Radtage bringen uns an die ecuadorianisch/kolumbianische Grenze. Aufgrund des Zeitdrucks konnten wir leider nur einen kleinen Anteil Ecuadors bereisen. Der gesehene Teil hat uns jedoch otfmals mit seiner Modernität überrascht und wir hatten den Eindruck, dass Ecuador mit z. B. riesigen Shopping-Malls der USA tatkräftig nacheifert. Vielleicht hätten wir auf abgelegeneren Strecken noch mehr von Ecuadors Authentizität sehen können.

Mit dem Erreichen Kolumbiens beginnt der letzte Teil unserer Südamerika-Reise...